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Willem Mengelberg

Mengelberg leitete 50 Jahre das Concertgebouw-Orchester in Amsterdam, das gerade einmal sieben Jahre existierte, als er 1895 die Leitung übernahm.
Es war ein langer Weg, das Orchester auf das Niveau der größten Orchester zu bringen, sein Anspruch war nicht geringer als sein kommunikativer Enthusiasmus für die Musik. Nach einigen Jahren formte Mengelberg aus dem Orchester des Concertgebouw eines der weltweit seltenen Orchester, die sich mit Leichtigkeit an alle Stile und die Musik aller Epochen anpassen können.
Er engagierte sich leidenschaftlich für das Werk von Gustav Mahler und Richard Strauss, die ebenfalls oft in Amsterdam dirigierten. Er war neugierig und interessierte sich für die Musik seiner Zeit. Durch ihn wurde 1896 Tschaikowsky bekannt, ebenso wie Debussy, Ravel, Schönberg und Stravinsky zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder später Bartók, Kodàly und Tansman zwischen den beiden Weltkriegen.

Willem Mengelberg wurde am 28 März 1871 in Utrecht in einer deutschstämmigen Familie geboren. Er arbeitet in seiner Geburtsstadt mit Richard Hol, Henry Wilhelm Petri und Anton Averkamp, dann am Konservatorium in Köln, wo er studiert: Dirigieren, Musiktheorie und Komposition bei Franz Wüllner (1832-1902), Freund und Schüler Anton Schindlers, der seinerseits Freund und Sekretär von Beethoven war. Er studiert Klavier bei Isidor Seiss (1840-1905) der mit Friedrich Wieck, dem Vater von Clara Schumann gearbeitet hatte.
Die ersten Jahre seiner Karriere waren dem Klavier gewidmet aber er fühlte sich schnell von der Aufgabe der Orchesterleitung angezogen und wurde 1891 (er war 20 Jahre alt!) dank der herzlichen Empfehlungen seiner Professoren zum Musikdirektor von Luzern berufen.

1895 kehrt er in die Niederlande zurück, um Willem Kes an der Spitze des Concertgebouw abzulösen. 1897 übernahm er zusätzlich die Leitung des Toonkunstkoor, mit dem er jährlich die Matthäuspassion von J.S. Bach und zahlreiche andere Chorwerke aufführte.
1907 dirigierte er erstmals in Paris, 1908 in Rom und ab 1909 hielt er sich regelmäßig in Moskau und St. Petersburg auf. Dort traf er Modeste Tschaikowsky der ihm, begeistert von seinen Interpretationen, das redigierte und korrigierte Manuskript der fünften Symphonie seines Bruders anvertraute. Es war diese, heute vernachlässigte Version, die Mengelberg dirigierte.
Von 1907 bis 1920 leitet er das Frankfurter Museumsorchester und zwischen 1911 und 1914 dirigiert er regelmäßig die Konzerte der "Royal Philharmonic Society" in London.

1905 reiste er zum ersten Mal in die Vereinigten Staaten wohin er regelmäßig zurückkehrte. 1921 bis 1929 hatte er Leitung des "National Symphony Orchestra", das auf sein Betreiben hin das Philharmonische Orchester von New York wurde. Er dirigierte zahlreiche amerikanische Premieren: Werke von J.S. Bach, Bruckner (neunte Symphonie), Debussy (La Mer), Glazounov (vierte Symphonie), Mahler (Symphonien 2, 5 und 7 - Das Lied von der Erde), Milhaud, Respighi, Roussel, R. Strauss, Stravinsky, Sweelinck, Szymanowski, Tansmann, Vivaldi...

Er teilte mehrere Spielzeiten mit Wilhelm Furtwängler, aber die desaströse Ankunft Toscaninis bereitete dieser Ära ein Ende. Die große Europa-Tournee, auf die Mengelberg hingearbeitet hatte, wurde schließlich von Toscanini dirigiert. In Folge der Intrigen des italienischen Dirigenten kehrten weder Mengelberg noch Furtwängler in die USA zurück. Er erscheint als Leiter der größten europäischen Orchester und sein Erfolg ist bemerkenswert. 1933 richtet die Universität Utrecht einen Lehrstuhl nach seiner Orientierung ein.

Mengelberg ist derjenige, der am meisten für die Musik von Mahler bewirkt hat. Zu seinem 25-jährigen Jubiläum an der Spitze des Concertgebouw dirigierte er 1920 die Werke von Mahler in ihrer Vollständigkeit. Er organisierte thematische Festivals die unter anderem der französischen Musik (1922) und der niederländischen Musik (1902,1913, 1935) gewidmet waren.
Richard Strauss hat ihm "Ein Heldenleben" gewidmet, Rachmaninov "Die Glocken", Kodaly seine "Variationen über den Pfau".

Unter den Werken des 20. Jahrhunderts, die er uraufgeführt hat, kann man nennen: das "Zweite Konzert für Violine" von Bartók (1939), das "Konzert für Violine" von Hindemith (1940), "Háry János" und die "Variationen über den Pfau" von Kodàly etc. ...
Seine leidenschaftliche und meisterhaft beherrschte Interpretationen suchen vergeblich ihresgleichen und bilden ein einzigartiges Beispiel für lebendige und fesselnde Nachschöpfungen.

Übersetzung Andreas Mischke

Quellen : Over Willem Mengelberg, E. Bysterus Heemskerk, Amsterdam 1971 / Willem Mengelberg, Wouter Paap, Amsterdam 1940 / Catalog der Willem Mengelberg Austellung im Museum Den Haag 1995 / Encyclopedia Universalis